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Nichtzulassung der Klage im Loveparade-Strafprozess: Erklärung des Langerichtspräsidenten Ulf-Thomas Bender

Ulf-Thomas Bender, Präsident des Landgerichts Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.
Ulf-Thomas Bender, Präsident des Landgerichts Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.
Die im Rahmen der Pressekonferenz abgegebene Erklärung des Landgerichtspräsidenten Ulf-Thomas Bender zum Nichteröffnungsbeschluss der 5. Großen Strafkammer im Loveparade-Strafverfahren lautet auszugsweise wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

auch ich begrüße Sie zu der heutigen Pressekonferenz.

Die 5. Große Strafkammer des Landgerichts Duisburg hat mit dem heute Morgen bekannt gegebenen Beschluss entschieden, im Loveparade-Strafverfahren das Hauptverfahren nicht zu eröffnen. Die mit der Anklageschrift angeschuldigten Personen sind nach Auffassung der Strafkammer einer Straftat nicht hinreichend verdächtig. Das bedeutet, dass es keine öffentliche Hauptverhandlung geben wird.
Mich bewegt Folgendes:

Am 24. Juli 2010 haben bei der Loveparade in Duisburg 21 junge Menschen ihr Leben verloren. Viele Menschen wurden verletzt und traumatisiert. Eltern haben ihre Kinder verloren. Diese Tragödie hat uns alle tief getroffen. Sie berührt uns alle, auch mich persönlich, und auch die mit der Sache befassten Richterinnen und Richter.

Und wir alle hegen die berechtigte und nachvollziehbare Erwartung, dass die Ursachen für diese Katastrophe aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Der Beschluss der 5. Großen Strafkammer, das Hauptverfahren nicht zu eröffnen, kann diese Erwartung nicht erfüllen. Das bedarf einer Erklärung. Ich möchte Ihnen daher die wesentlichen Gründe für diesen Beschluss erläutern.

Die 5. Große Strafkammer hat den gesetzlichen Auftrag, vor der Eröffnung des Hauptverfahrens zu prüfen, ob die mit der Anklage angeschuldigten Personen einer Straftat hinreichend verdächtig sind. Einer Straftat hinreichend verdächtig ist jemand dann, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass er in einer nachfolgenden Hauptverhandlung auch verurteilt werden wird. Denn nur in diesem Fall darf überhaupt eine Hauptverhandlung durchgeführt werden.

Dabei geht es ausschließlich um die Feststellung individueller strafrechtlicher Schuld der Angeschuldigten. Es geht nicht um die Feststellung sonstiger Versäumnisse oder Fehler oder um eine allgemeine Aufklärung des Geschehens. Das kann und darf nicht Gegenstand eines Strafverfahrens sein.
Grundlage der Entscheidung ist der in der Anklageschrift vorgetragene Sachverhalt einschließlich der dort angebotenen Beweismittel. Die Bewertung dieses Sachverhalts und der Beweismittel durch die Strafkammer hat ergeben, dass eine individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit der angeschuldigten Personen nicht festgestellt werden kann.

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Die Kammer hat sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht. Sie hat sich die erforderliche Zeit genommen, um das sehr umfangreiche Material besonders sorgfältig zu prüfen. Sie hat versucht, durch ergänzende Fragen an den Sachverständigen den Sachverhalt weiter aufzuklären. Sie hat allen Verfahrensbeteiligten die erforderliche Zeit gegeben, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör wahrzunehmen. Schließlich hat die Kammer ihre Entscheidung sehr ausführlich begründet. Der Beschluss umfasst 460 Seiten.

Es würde den Rahmen dieser Pressekonferenz sprengen, die Gründe des Beschlusses hier im Einzelnen darzulegen. Ich werde jedoch versuchen, die wesentlichen Erwägungen der Kammer kurz darzustellen:
 
[Es folgen inhaltliche Ausführungen zum Beschluss der Kammer. Diese gleichen den Ausführungen in der Presseerklärung des Gerichts von heute, die über die Internetseite des Gerichts abrufbar ist.]
 
Erlauben Sie mir zum Abschluss zwei Hinweise zum Verfahren:

Die Richter der 5. Großen Strafkammer sind in ihrer Entscheidung frei und nur dem Gesetz unterworfen. Sie unterliegen damit keiner Einflussnahme von außen. Sie dürfen sich somit auch nicht von Emotionen der Betroffenen oder Erwartungen der Öffentlichkeit leiten lassen.
Der Beschluss der 5. Großen Strafkammer ist nicht rechtskräftig. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Nebenkläger können den Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechten. Die Beschwerdefrist beträgt eine Woche und beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Über die Beschwerde entscheidet ein Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Vielen Dank“

– Presseinformation des Landgerichts Duisburg –

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